Götz et al., Rezidivierende obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale im Vorschulalter
Konsensus
WOCHENSCHRIFTThe Middle European Journalof Medicine
Wien Klin Wochenschr (2006) 118/9–10: 302–306DOI 10.1007/s00508-006-0589-y
Rezidivierende obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale im Vorschulalter* Manfred Götz1, Ernst Eber2, Thomas Frischer3, Elisabeth Horak4, Herbert Kurz5, Josef Riedler6, Rudolf Schmitzberger7 und Maximilian Zach2
1 Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde mit Lungen- und Infektionskrankheiten, Wilhelminenspital der Stadt Wien, Wien,
2 Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmonologie und Allergologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde,
3 Abteilung für Allgemeine Pädiatrie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Österreich
4 Abteilung für Pädiatrische Kardiologie, Pneumologie und Allergologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde,
5 Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Sozialmedizinisches Zentrum Ost – Donauspital, Wien, Österreich
6 Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Kardinal Schwarzenberg’sches Krankenhaus, Schwarzach/Pongau, Österreich
7 Praxis für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Österreich
Einleitung
der obstruktiver Bronchitis gesprochen werden und die
Diagnose und Therapie von Asthma bronchiale im
Diagnose Asthma primär bei Kindern mit familiärem Vor-
Vorschulalter, insbesondere in den ersten drei Lebensjah-
kommen von Asthma und/oder Allergien sowie bei eige-
ren, sind schwierig, da zur Sicherung der Diagnose nur
nen atopischen Manifestationen wie atopischer Dermati-
wenig verlässliche Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Die
tis/atopischem Ekzem/allergischer Rhinitis vermutet wer-
klinischen und funktionsanalytischen Methoden für das
den. Kinder mit rezidivierendem Giemen aus derartigen
Schul- und Erwachsenenalter haben in diesem Lebens-
Risikogruppen zeigen früher oder später häufig eigene
abschnitt nur einen sehr beschränkten Stellenwert. Genaue
Sensibilisierungen auf nutritive oder inhalative Allergene,
Beobachtung und präzise anamnestische Datenerhebung
die für eine Frühentwicklung von Asthma sprechen.
stellen das im Vordergrund stehende Rüstzeug der Dia-
Kinder innerhalb der ersten zwei bis drei Lebensjahre
stellen eine diagnostisch und therapeutisch besonders an-
Ob eine obstruktive Bronchitis im Vorschulalter tat-
spruchsvolle Gruppe dar, da spezielle Lungenfunktions-
sächlich dem Krankheitsbild Asthma zuzuordnen ist, ist
techniken nur einigen wenigen Zentren zur Verfügung
angesichts der episodischen Natur, der hohen Frequenz an
stehen (wobei die Methoden zur Diagnosesicherung nicht
viralen Infekten der oberen und unteren Luftwege und der
standardisiert sind) und eine relative Unsicherheit betref-
Vielzahl an Differenzialdiagnosen schwierig zu entschei-
fend das Ansprechen auf pharmakotherapeutische Inter-
den, da allen diesen Diagnosen das Leitsymptom der gie-
ventionen besteht. Darüber hinaus fehlen gerade in dieser
menden Atmung („wheezing“) gemein ist. Meist handelt
Altersgruppe diesbezügliche Studien weitgehend. Extra-
es sich dabei um Säuglinge und Kleinkinder, die ohne
polationen aus den Ergebnissen entsprechender Untersu-
andere Grundkrankheit (zystische Fibrose, gastro-ösopha-
chungen bei Schulkindern oder Erwachsenen sind nur mit
gealer Reflux, Zustand nach bronchopulmonaler Dys-
Vorsicht zu interpretieren, da Untersuchungsmethodik,
plasie etc.) in der infektreichen Jahreszeit mehrmals im
Pharmakodynamik und Compliance ganz anders gelagert
Rahmen viraler Infekte eine obstruktive Bronchitis über
sein können. Zudem sind nicht alle antiobstruktiv und
mehrere Tage durchmachen und nach Abklingen des In-
antiinflammatorisch wirkenden Substanzen für diesen Le-
fektes im weiteren Verlauf oft, aber nicht immer, klinisch
beschwerdefrei sind. Typischerweise haben diese Kinder
Die vorliegenden Überlegungen sollen eine Entschei-
in den Sommermonaten keine Beschwerden. Bei nicht
dungshilfe für diagnostische und vor allem therapeutische
ausreichend gesicherter Diagnose sollte von rezidivieren-
Maßnahmen im Vorschulalter geben. Letztere sind alsErgänzung zu bereits vorliegenden Konsensusempfehlun-gen aus 1999 und 2003 zur medikamentösen Behandlung
* Arbeitsgemeinschaft Pneumologie und Allergologie der
des Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter der
Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde(ÖGKJ). Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie und
Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheil-
Allergologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumolo-
kunde (ÖGKJ) und der Österreichischen Gesellschaft für
Götz et al., Rezidivierende obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale im Vorschulalter
Beurteilung
Reagiert das Kind auf körperliche Belastungen (Krab-
Innerhalb der ersten sechs Lebensjahre zeigt rund ein
beln, Turnen, Laufen) mit reproduzierbaren pfeifen-
Drittel aller Kinder wiederholtes Giemen, das in der Regel
den oder keuchenden Atemgeräuschen oder gehen
durch virale Infektionen, insbesondere durch RSV und
Rhinoviren, ausgelöst wird. Etwa ein Drittel dieser Kinder
Die zustimmende Beantwortung mehrerer dieser Fra-
mit rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden sind ärzt-
gen erhöht die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von
lich diagnostizierte Asthmatiker, die sowohl innerhalb der
Asthma bronchiale, soferne andere Differenzialdiagnosen
ersten drei Lebensjahre als auch später Asthmasymptome
ausgeschlossen sind. Es ist derzeit nicht definiert, bei
aufweisen, welche in die Adoleszenz hinein persistieren.
welcher Intensität und Frequenz der Symptome die Gren-
Bei den anderen zwei Dritteln handelt es sich um intermit-
ze zwischen Asthma und rezivierender obstruktiver Bron-
tierende, rezidivierende obstruktive Bronchitiden oder
chitis verläuft und in vielen Fällen erlaubt erst die retro-
postvirale reaktive Atemwegserkrankungen, deren Verlauf
spektive Betrachtung Sicherung oder Ausschluß der Dia-
variabel ist und die mit zunehmendem Alter seltener wer-
den und damit eine natürliche „Selbstheilungstendenz“
Insgesamt ist die Asthmawahrscheinlichkeit für Gie-
zeigen. Wenn auch diese epidemiologische Situation zu-
men bei nicht-atopischen Kindern geringer als bei atopi-
nehmend klar geworden ist, so bleibt die individuelle
Zuordnung zu einem bestimmten Phänotyp problema-
Die phänotypische Differenzierung ist für die akute
therapeutische Intervention nur begrenzt relevant, da in
Inwieweit ein Atemwegsremodelling als Folge rezidi-
jedem Fall zunächst die akute Atemwegsobstruktion zu
vierender obstruktiver Bronchitiden auftritt, ist unklar.
behandeln ist und sich „lediglich“ die Frage ergibt, ab
Zwischen dem Auftreten eines solchen Remodellings,
wann entzündungshemmende Langzeitmaßnahmen (The-
ausgedrückt als morphologisch fassbare Verdickung der
rapie mit Controllern) erforderlich werden. Eine klare
bronchialen retikulären Basalmembran, und der Klinik
Antwort dafür steht aus. Derzeit gibt es noch keine stan-
bestehen keine sicheren Beziehungen, da selbst bei sym-
dardisierte nicht-invasive Methode, die Atemwegsinflam-
ptomatischen Säuglingen und Kleinkindern mit rever-
mation bei Vorschulkindern zu messen.
sibler Atemflussobstruktion das Remodelling gänzlichfehlen kann.
Das primäre Therapieziel ist zunächst die Behebung
Erfassung des Ansprechens auf eine inhalative bron-
der Obstruktion, das nachfolgende Ziel ist Milderung oder
chodilatatorische Therapie mittels Auskultationsbefund
Vermeidung weiterer Luftwegsobstruktionen. Asthma-
(sofern Lungenfunktion nicht durchführbar) oder Lungen-
Schweregrad-Einteilungen für Kinder und Jugendliche
funktionstests (forcierte Exspirationstests oder ganzkör-
haben zumindest in den ersten Lebensjahren nur einen
perplethysmografisch bestimmter Atemwegswiderstand
beschränkten Stellenwert. Ob eine therapeutische Früh-
intervention den Verlauf insgesamt ändern kann, ist Ge-
aw] bzw. die sogen. „interrupter resistance“ [Rint]). Ob
ein positiver Bronchospasmolysetest außer der Indikation
zu einer sympathomimetischen Akuttherapie andere (län-gerfristige) Bedeutung (Asthmaprädiktion) hat, ist bis
Diagnosefindung von Asthma bronchiale
dato unklar. Die Peak-Flow-Metrie ist im Vorschulalter
im Vorschulalter
keine geeignete diagnostische Methode.
Da es keinen spezifischen Test für Asthma gibt, sind
die folgenden Maßnahmen so weit wie möglich auszu-schöpfen:
A) Anamnese (siehe oben) und klinischer Status
Die Anamnese stellt das zuverlässigste Instrument zur
Findung der Diagnose Asthma im Vorschulalter dar. Fol-gende Fragen sollten immer gestellt werden:
Treten pfeifende oder keuchende Atemgeräusche(Giemen) auf? (dabei ist zu fragen nach: dem Alterdes Kindes, dem Beginn, der Frequenz und Dauer derBeschwerden)
Bestehen Beschwerden auch in virusinfektfreien Pha-sen?
Besteht eine allergische Rhinitis, atopische Dermatitisoder Asthmabelastung bei Verwandten ersten Grades?
Finden sich Hinweise auf oder Beweise für atopischeDermatitis, allergische Rhinitis und Nahrungsmittel-allergie beim Kind selbst?
Lassen sich Auslöser aus der Umgebung oder jahres-zeitliche Abhängigkeiten nachweisen (Tiere; Pollen;Umweltfaktoren wie Tabakrauch)?
Abb. 1. Behandlungsstrategie bei akuter obstruktiver Bronchitis
Götz et al., Rezidivierende obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale im Vorschulalter
Abb. 2. Therapeutisches Vorgehen bei rezidivierender obstruktiver Bronchitis, postviraler reaktiver Atemwegserkrankung oder diagnostiziertem Asthma bronchiale im Vorschulalter. § Vorliegen von Hinweisen für eine atopische Disposition wie atopische Dermatitis, positive Allergietests oder positive Familienanamnese. ICS inhalatives Kortikosteroid; LRA Leukotrien-
Durchführung einer Prick-Testung und/oder eines
RAST auf nutritive und inhalative Standardallergene
(Hausstaubmilbe, Katze, Alternaria, Birke, Gräser, Bei-
fuß, Nahrungsmittel [RAST fx5/Hühnereiweiß, Milchei-
Giemen bei Mykoplasmen-, Chlamydien-, Pertussis-
weiß, Dorsch, Weizen, Erdnuss, Sojabohne]). Die Testung
kann prinzipiell altersunabhängig durchgeführt werden,
die Treffsicherheit erhöht sich ab dem 9. Lebensmonat.
chronische Lungenerkrankung als Folge einer Früh-
Das Ergebnis dieser Testungen erlaubt eine gewisse Wei-
chenstellung in der Differenzialdiagnose, und zwar in
Richtung Asthma (positiver Test für Nahrungs- und/oder
Inhalationsallergene) oder rezidivierende obstruktive
D) Anfertigung eines Thorax-Röntgens
bei therapieresistenten, schweren oder häufigen obstruk-
Pharmakotherapie – Substanzgruppen E) Durchführung von Zusatzuntersuchungen
Bei jeder Langzeittherapie (inhalatives Kortikostero-
id, ICS oder Leukotrienrezeptorantagonist, LRA) erfolgt
(z. B. quantitative Bestimmung der Immunglobuline;
symptomorientiert eine bronchodilatatorische Zusatzthe-
Schweißtest; Reflux-Diagnostik, Bronchoskopie) je nach
rapie bei akuter Obstruktion. Eine länger dauernde Mono-
therapie (> 2 Wochen) wird nicht empfohlen. Differenzialdiagnosen bei intrathorakaler Atem- Oral (bei erstmaligen oder leichten Beschwerden)
Götz et al., Rezidivierende obstruktive Bronchitis und Asthma bronchiale im Vorschulalter
Inhalativ mit Dosieraerosol (z.B. 2–4 Hübe Sultanol
gen Rezidiven, besonders schweren Verläufen und ent-
sprechendem Leidensdruck ist die Schwelle für eine
Inhalativ (z.B. 0,5 ml Sultanol in 2 ml 0,9% NaCl-
Lsg.) mit elektrischem Kompressionsvernebler
Kinder mit wiederholter obstruktiver Bronchitis ohne
Atopie weisen eine gute Prognose auf. Post-RSV-Bronchi-
tiden (postvirale reaktive Atemwegserkrankung) zeigeneine Neigung zu chronischen Krankheitsverläufen. Unsi-
Bei Säuglingen zeigt dieses gelegentlich eine gute
cherheit besteht bei diesen Gruppen, ob eine Langzeitthe-
antiobstruktive Wirkung (Atrovent® Dosieraerosol
rapie gerechtfertigt bzw. nötig ist, und ob eine früh einset-
2–4 Hübe mit Spacer, oder mit elektrischem Kom-
zende Therapie den Gesamtverlauf verändern kann. Ins-
pressionsvernebler 0,5–1 ml der Atrovent® Lösung in
besondere bleibt unklar, ob ein eventuelles Remodelling
durch eine früh einsetzende Langzeittherapie verhindertoder vermindert werden kann. Dementsprechend dient die
b) Leukotrienrezeptorantagonist (LRA)
hier empfohlene Langzeittherapie hauptsächlich der Sym-
Primäre Indikation bei rezidivierender obstruktiver
ptomenlinderung und damit einer erhöhten Lebensqualität
Bronchitis ohne Vorliegen einer Atopie, weiters als eine
der möglichen Zusatztherapien bei nicht zufriedenstel-
Die wissenschaftliche Datenlage ist für diese Alters-
lender Einstellung eines Asthma bronchiale mit niedrig
gruppe und diesen Problemkreis noch äußerst spärlich.
dosiertem inhalativen Kortikosteroid. Dosierung Monte-
Interventionsstudien an großen Probandenzahlen sollten
hier zusätzliche Informationen liefern. Besonders dring-lich erscheint der Wunsch nach nicht-invasiven Markernzur frühzeitigen Charakterisierung kindlicher Asthmafor-
men. Die vorliegenden Empfehlungen versuchen, für das
Intravenöse Steroide für stationäre Patienten (schwere
mitunter schwierige Langzeitmanagement von Kindern
dieser Altersgruppe eine Orientierungshilfe zu bieten. Orale Steroide in der Akuttherapie (1–2 mg Predniso-lon/kg KG), Therapiedauer 1 bis 7 Tage (Gabe 1–2-
Literatur
mal täglich), Ausschleichen nicht erforderlich. Inhalative Steroide in der Langzeittherapie bevorzugt
Anhoj J, Bisgaard AM, Bisgaard H (2002) Systemic activity of
als DA mit Spacer. Die Sicherheit ist dosis- und al-
inhaled steroids in 1- to 3-year-old children with asthma.
tersabhängig, für die ersten beiden Lebensjahre
liegen nur spärliche Sicherheitsdaten vor. Besonders
Arshad SH, Tariq SM, Matthews S, Hakim E (2001) Sensitiza-
wirksam sind ICS bei frühkindlichem atopischem
tion to common allergens and its association with allergic
Asthma. Üblicherweise werden sie nur niedrig dosiert
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bronchial-obstruktiven Phänotypen ist im Vorschulalter
infection-induced lower airway disease: a randomized,
punktuell weitgehend unmöglich. Unabhängig von der
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Eber E, Frischer T, Götz M, Horak E, Kurz H, Riedler J,
lungsziel zunächst die antiobstruktive Therapie. Schwieri-
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ger ist die Entscheidung, ob und wann eine Langzeitthera-
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pie zu etablieren ist. Bei chronischen Beschwerden, häufi-
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Li Puma, delitto senza colpevoli Sessant’anni fa l’uccisione del dirigentesindacale madonita, trucidato mentre arava icampi del fratello sotto gli occhi del figlio. ricordare il 60° anniversariodel`assassinio di Epifanio Li Puma siL’assassinio destò molto scalpore, ma non siconcluderanno il prossimo 7 marzocon un dibattito al cinena Grifeo diPetralia Sottana sulla sicure
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