Zyklen, Präparate und Stabilisatoren
Als chemotherapeutischen Zyklus bezeichnet man den Zeitraum einer
oder mehrerer kurzfristig aufeinander folgender Verabreichungen von
chemotherapeutischen Präparaten. Jeder Zyklus kann sich über einige
Minuten, Stunden oder auch Tage erstrecken. Erfolgt die Medikation
beispielsweise einmal wöchentlich für Minuten oder Stunden, so stellt
diese in sich schon einen Zyklus dar. Bei Gaben, die eine Anzahl
einander anschließender Tage in Anspruch nehmen und daher
normalerweise stationär durchgeführt werden, bildet die Summe dieser
zeitlich eng zusammenhängenden Verabreichungen einen einzelnen
Anzahl und Dauer der Zyklen werden vorab im Therapieplan
festgelegt. In Abhängigkeit von der Wirksamkeit eines jeden Zyklus‘,
die sich im Rahmen der laufenden Kontrollen zeigt, sowie von der
subjektiven Verträglichkeit der Medikamente und der allgemeinen
Stabilität des Patienten kann der Plan von Fall zu Fall korrigiert, neu
überarbeitet oder aber ganz fallen gelassen werden.
Einem jeden Komplex von Zyklen werden Art und Dosierung einzelner
Präparate zugeordnet. Sind Dosierung und Dauer eher bescheiden
angesetzt, so spricht man auch von einer »leichten« Chemo, bei
starker Dosierung und langer Dauer von der so genannten Hochdosis-
Chemotherapie. Naturgemäß sind die einzelnen Abstufungen zwischen
diesen zwei Extremen fließend. So gibt es Patienten, denen die Chemo
wöchentlich oder auch täglich für etwa zwanzig Minuten verabreicht
wird, andere finden sich für drei Stunden pro Tag in ihr Schicksal,
wieder andere müssen eine ganze Woche oder länger mit vierund-
zwanzig Stunden Therapie pro Tag durchstehen.
Unabhängig davon – hart ist es allzumal. So fußt die Folgerung »Je
weniger, desto leichter ertragbar« allenfalls auf einem Trugschluss,
insbesondere, da nicht zwingend Art, Dauer und Dosierung, sondern
subjektive Bekömmlichkeit und persönliche Konstitution über den tat-
Was muss ich über die Chemotherapie wissen?
Die chemotherapeutischen Substanzen selbst sind gewöhnlich in einer
Kochsalzlösung aufbereitet und werden mittels unterschiedlicher
Infusionstechniken, auf die im Weiteren noch näher eingegangen wird,
verabreicht (siehe auch Kapitel 6: »Intravenöse Infusionstechniken«
pp.). Die Bezeichnung »chemotherapeutische Präparate« bezieht sich
an dieser Stelle also immer auf die vorverdünnten, flüssigen Darrei-
chungsformen, wie sie bei der intravenösen Variante der systemischen
Ihre jeweilige Dosierung wird – kein Witz! – nach Quadratzentimetern
Hautoberfläche des Patienten berechnet, einer seltsamen Formel
folgend, die Faktoren wie Größe, Gewicht und Wasserverdrängung,
meinetwegen Luftwiderstand berücksichtigt und dann einen Wert
ergibt, mit dem allein der Apotheker etwas anzufangen weiß.
Zuweilen werden mehrere, unterschiedliche Medikamente gleichzeitig
oder nacheinander gegeben (med. Polychemotherapie), deren
jeweilige Kompositionen auf erprobten Schemata beruhen und nach
diesen klassifiziert werden. Nur ein Beispiel ist das PEB-Schema
(CisPlatin, Etoposid und Bleomycin), eine gern gewählte Kombination
in Fällen meiner Art von Männerkrebs. Die Enzyklopädie der chemo-
therapeutischen Präparate aber ist zu lang, zu vielfältig und hinsichtlich
ihrer Anwendungsempfehlungen zu häufig Nachbesserungen und
Änderungen unterworfen, als dass man hier auf alle Komponenten
respektive jede ihrer möglichen Kombinationen ausführlich eingehen
könnte. So ist jedem Betroffenen nur anzuraten, sich so frühzeitig und
ausführlich wie eben möglich über Wirksamkeit und Risiken seiner
individuellen Medikation vom behandelnden Arzt aufklären zu lassen
und darüber hinaus selbst zu informieren. Auch hier sind Beharrlichkeit
Unabhängig davon, ob sich ein Zyklus über einen oder mehrere Tage
erstreckt, muss jedes Tagespensum für sich als einzelner Behand-
lungskomplex betrachtet werden, der hinsichtlich der vorbeugenden
und nachsorgenden Maßnahmen besondere Berücksichtigung erfor-
So sollte es zu Beginn eines jeden Tagespensums immer einen so
genannten Vorlauf geben, ein Präparat, das die zu erwartenden
Nebenwirkungen schon im Vorfeld lindert. Verantwortungsvolle Ärzte
geben diese Mittel obligatorisch, andere (wenige) leider nicht. Ob aus
Kostengründen, Rücksichts- oder Gedankenlosigkeit, sei dahingestellt.
Der Vorlauf, den ich genoss – nicht mehr als eine kleine, braune
Flasche, geliebt aber und verehrt wie eine Madonnendevotionalie –
hieß Kevatril (ein so genanntes Antiemetikum) und wurde täglich
morgens vor Anbringung der chemotherapeutischen Präparate
verabreicht. Die Tage, da dies aus stressbedingtem oder sonstigem
Anlass vergessen wurde, habe ich noch in lebhafter Erinnerung. Nur
soviel: Mit Vorlauf heißt Übelkeit, ohne heißt Kotzen.
Zum Abschluss des Tagespensums wird dann der Nachlauf gegeben,
eine ebenfalls intravenös verabreichte Spülung aus harntreibenden
Mitteln in Kochsalzlösung, befähigt, Zelltrümmer herauszuspülen, böse
Geister zu vertreiben und – sofern angereichert mit Cortison – Gesicht
und Körper aufgehen zu lassen wie einen mandelgespickten Hefezopf.
Dieses Zauberspiel treibt zuweilen erstaunliche Blüten. Man muss sich
vorstellen, dass dem Körper über den Tag verteilt bis zum Zeitpunkt
des Nachlaufs schon erhebliche Mengen Flüssigkeit zugeführt wurden,
die nicht im selben Maße abfließen konnten. Wenn dann die
harntreibenden Präparate beginnen, ihre stille Wirkung zu entfalten,
mag mancher Hengst, gewohnt, mit seinem scharfen Strahl fuchs-
bautengroße Löcher in grüne Wiesen zu bohren, darüber vor Neid
erblassen. So ich auch heute keinen Eid mehr darauf ablegen möchte,
meine ich mich doch zu erinnern, dass mein einstiger Rekord bei sechs
Nach jedem abgeschlossenen Zyklus wird gewöhnlich eine Pause
eingelegt, deren Dauer wiederum Tage oder auch Wochen betragen
kann. Daraufhin schließt sich in der Regel der nächste Zyklus an.
Und auch fürs Danach – die Zeit zu Hause – gibt es Mittel, die geeignet
sind, leidgeprägte Nächte wie Tage voller Übelkeit einen Hauch
erträglicher zu gestalten. Tabletten namens Zofran zum Beispiel, alle
zwölf Stunden ein Dragee, die Packung zu zehn Stück für rund
Was muss ich über die Chemotherapie wissen?
zweihundertundfünfzig Euro, nicht gerade billig, daher bitte unbedingt
ein Rezept verlangen! Reicht für fünf Tage und Nächte also, danach
geht's – soweit es die zyklischen Pausen betrifft – relativ zuverlässig
wieder aufwärts. Das Zofran selbst genießt den Ruf, in seiner Wirkung
nach circa acht Stunden abrupt nachzulassen, was ich aus eigenem
Erleben bestätigen kann. Sich selbst in solchen Situationen für jeweils
vier Stunden pro Tag als Junkie entdecken zu dürfen, muss nicht
zwingend als unterhaltsam betrachtet werden. Aus zuverlässigen
Quellen aber ist zu hören, dass andere Präparate (wie Anemet oder
Navoban) bei verordnungsgemäßer Einnahme rund um die Uhr durch-
Also: Bei drängenden Problemen gegebenenfalls ein alternatives
Rezept anfordern und prüfen, ob sich damit in Ihrem Fall eine längere
Ganz andere Erfahrungen stellen sich gelegentlich nach dem aller-
letzten Zyklus ein. Hier kann es dazu kommen, dass die quälende
Übelkeit – über die inzwischen schon als normal empfundenen fünf bis
zehn Tage abgeschlafften Durchhängens hinaus – so unerwartet wie
unbeirrt weiter anhält. Eine mögliche Erklärung für diese Beharrlichkeit
ergibt sich daraus, dass von nun an – neben der Absetzung der
Chemotherapeutika – auch die gewohnte Stabilisierung durch die bis
dahin so angenehm verlässlichen Vorläufe urplötzlich entfällt.
Zuweilen plagt uns der unterschwellige Brechreiz dann noch für
Wochen, schlimmstenfalls für Monate, ohne dass die zarteste Ahnung
eines mählichen Abflauens über dem Horizont sichtbar würde. Am
Körper schlapp, im Magen mau, treibt unsere Seele heimatlos vom
Irgendwo zum Nirgendwo, während wir nur immer mühsam bestrebt
sind, jedweden Impuls zu unterdrücken, unseren Mageninhalt unter
den unpassendsten Umständen ganz spontan ein weiteres Mal vor der
Öffentlichkeit auszubreiten. Kein angenehmer Gedanke. Tief ist das
Loch, in dem wir hocken, ein dunkler, zäher Abgrund, aus dem nur
schwer wieder herauszufinden ist. Ich selbst habe seinerzeit erst
während der Nachkur die Kraft finden können, so langsam wieder ans
Für alle diese Fälle aber gilt: Selbstbewusst auftreten, denn Linderung
ist machbar, Herr Nachbar. Hilfen einfordern! Einschüchterung gilt
nicht. Im Zweifelsfall resolute Freunde oder Angehörige hinzuziehen.
Ein kurzer, klärender Disput ist immer noch angenehmer als das
beständige Herauswürgen unserer Eingeweide.
UNIT 6 - NERVOUS SYSTEM / SPECIAL SENSES ACTIVITY – Diseases of the Central Nervous System A. This is the most common cause of crippling in children and results form prenatal, prenatal, or postnatal CNS damage due to anoxia. Motor impairment may me minimal or severely disabling. Associated defects, such as seizures, speech impairment, and mental retardation are common. This disorder cannot be c